Wie schnell kann ein Impfstoff entwickelt und in großer Menge produziert werden? Darüber wurde selten so viel diskutiert wie seit der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus. Bilfinger führt derzeit gemeinsam mit einem internationalen Biotech-Unternehmen ein Pilotprojekt durch, das die Entwicklung neuer Wirkstoffe deutlich effizienter gestalten soll.
Lange Zahlenkolonnen, vielfältige Datenkurven und regelmäßige Prozessvergleiche – die Mitarbeiter des Forschungszentrums in der Schweiz haben alles im Blick. Sie entwickeln unter anderem Wirkstoffkandidaten für die Krebstherapie und können jetzt von ihrem Computer aus die Produktion von Zellkulturen in einem Bioreaktor in Echtzeit verfolgen.
Damit sich die Zellen im Bioreaktor vermehren, müssen optimale Bedingungen herrschen. „Temperatur, Sauerstoffzufuhr, Nährstoffgehalt – alles muss exakt aufeinander abgestimmt sein, damit ein Wirkstoff in gleichbleibender Qualität produziert werden kann“, erklärt Biotechnologe Dr. Wolfgang Sommeregger. Um die vielen Einflussgrößen in diesem komplexen Prozess optimal regeln zu können, haben er und sein Team von Bilfinger in Kooperation mit dem Institut für Bioverfahrenstechnik der Universität für Bodenkultur in Wien eine Software entwickelt. Sie erleichtert es unter anderem, spektroskopische Messverfahren einzubinden und mathematische Modelle in Echtzeit zu nutzen. Der Kunde kann dadurch jederzeit Kenngrößen automatisch berechnen und diese für die Prozesssteuerung heranziehen. Abweichungen vom festgelegten Referenzbereich lösen sofort Warnmeldungen und eine automatische Aktion aus, oder die Betreiber können manuell regulierend in den Produktionsprozess eingreifen. „Quality by Control“ nennt sich dieses Konzept, daran angelehnt trägt die Software den Namen Qubicon.
Alle Daten auf einer Plattform
Ein Schwerpunkt des Pilotprojekts liegt auf der Integration aller Daten, die im täglichen Labor und Produktionsbetrieb anfallen, in eine zentrale Plattform. So können die Entwickler im Idealfall Prozesszusammenhänge erkennen, die zuvor nicht sichtbar waren. Kunden können dieses System autonom nutzen, aber bei Bedarf auch jederzeit Experten von Bilfinger wie das Team rund um Dr. Sommeregger zuschalten, um sich bei Fragen beraten zu lassen. Der Erfolg der Softwareplattform wird dann vor allem in der Effizienz und der Reproduzierbarkeit des Prozesses sowie der gleichbleibenden Qualität des Wirkstoffs gemessen.
Die Software ist eine der jüngsten Innovationen von Bilfinger Life Science GmbH. In die Entwicklung ist die umfassende Expertise der Gesellschaft im Pharmasektor eingeflossen, denn die Gesellschaft plant und errichtet bereits seit Jahrzehnten Rohrleitungen und Produktionsanlagen für die Biotechnologie und Pharmabranche. Zur Produktpalette gehören Bioreaktorsysteme und Fermentationsanlagen, aber auch Ansatz, Reinstmedien, Aufreinigungs und CIP/SIPSysteme.
Bilfinger unterstützt Pharmakunden außerdem dabei, Produktionsstätten zu erweitern, zu modernisieren und die Instandhaltungskosten zu senken. Wie das aussehen kann, zeigt die Siegfried AG mit Stammsitz im schweizerischen Zofingen. Dort ist Bilfinger für die Instandhaltung und das Engineering der Produktionsanlagen zuständig. Das Ergebnis: eine Senkung der jährlichen Instandhaltungskosten um mehr als 30 Prozent von früher über zwölf Millionen auf nunmehr unter acht Millionen Schweizer Franken. „Das zeigt das große Potenzial des Bilfinger Maintenance Concept für Kunden in der Pharma und Biopharma Industrie“, sagt Gerald Pilotto, Head of Global Development bei Bilfinger. Die Pharmahersteller können sich dadurch noch besser auf ihr Kerngeschäft konzentrieren – die Entwicklung und Produktion von Wirkstoffen.